Psychologie

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Unliebsame Arbeiten besser am Stueck erledigen

Nicolas Vogt, Presse und Öffentlichkeitsarbeit WHU - Otto Beisheim School of Management

Nicht alle Aufgaben, die täglich zu erledigen sind, machen Spass – manche sind einfach nur anstrengend. Sollte daher an Tagen mit hoher Arbeitsbelastung lieber die ein oder andere angenehmere Aufgabe eingeschoben werden? Würde das die Motivation an Tagen mit hoher Arbeitsbelastung steigern? Eine wissenschaftliche Studie kommt zum gegenteiligen Ergebnis: Unangenehme Aufgaben sollten an anstrengenden Arbeitstagen am Stück erledigt werden, weil sonst die Erschöpfung nur noch stärker zunimmt.

Zwischen leichten und schweren Aufgaben an anstrengenden Arbeitstagen abzuwechseln, sorgt für überproportionale Erschöpfung.

Es gibt Aufgaben im Arbeitsalltag, die frustrierend und anstrengend sind. Andere machen Freude und gehen leicht von der Hand. Natürlich möchten wir alle uns tagtäglich am liebsten nur mit angenehmen Aufgaben beschäftigen, und aus psychologischer Sicht wäre das sogar ratsam. Aber im Arbeitsalltag ist das leider nicht durchgängig möglich. Also müssen wir regelmässig auch Aufgaben angehen, die uns ein hohes Mass an Selbstkontrolle abverlangen. Wir müssen uns dazu überwinden und sollen dabei auch noch freundlich und professionell wirken. Das strengt an. Ist es da nicht sinnvoll, zwischendurch eine angenehme Aufgabe einzustreuen, die uns keine grosse Mühe bereitet? Vielleicht können wir uns danach mit frischem Schwung wieder der unliebsamen Aufgabe widmen. 

Eine gemeinsame Studie der WHU – Otto Beisheim School of Management, der Trinity Business School in Dublin und der Schumpeter School of Business and Economics in Wuppertal kommt zu einem anderen Ergebnis. „An Tagen mit hoher Arbeitsbelastung macht es keinen Sinn, sehr unangenehme Aufgaben und sehr angenehmen Aufgaben abzuwechseln, weil dann der Kontrast zwischen den Aufgaben besonders deutlich wird“, erklärt Prof. Dr. Fabiola Gerpott, Co-Autorin der Studie und Inhaberin des Lehrstuhls für Personalführung an der WHU. Die Studienautor:innen haben herausgefunden, dass nicht nur die absoluten Arbeitsanforderungen einen Effekt auf die Ermüdung bei der Arbeit haben, sondern eben auch, wie man diese an einem Tag mit hohen Anforderungen verteilt. Hier ist es besser, nur einmal den inneren Widerstand zu Beginn einer unangenehmen Arbeitsaufgabe überwinden zu müssen und dann dabei zu bleiben, statt eine hohe Variabilität einzubauen. Denn auch wenn es anstrenged ist, den inneren Widerstand dafür zu überwinden, ist die Erschöpfung am Ende des Tages überproportional höher, wenn ständig zwischen sehr anstrengenden und sehr leichten Aufgaben gewechselt wird.

Darüber hinaus zeigen die Studienergebnisse, dass eine solch überproportionale Erschöpfung, die über die durchschnittliche Erschöpfung eines Tages mit unangenehmen Aufgaben hinausgeht, auch Konsequenzen für den folgenden Tag hat. Ist ein Arbeitnehmer abends besonders erschöpft, setzt auch die Regenerationsphase auf einem niedrigeren Niveau ein. Er kann seine inneren Ressourcen bis zum folgenden Arbeitstag nicht wieder vollständig aufladen und geht dementsprechend mit geringerem Engagement zu Werke. Ganz besonders gefährdet sind Menschen, die dem Burnout nahe sind, weil sie chronisch an grosser emotionaler Erschöpfung leiden und generell mehr Energie aufbringen müssen, um Selbstkontrolle am Arbeitsplatz ausüben zu können. Für sie ist der Wechsel von unangenehmen und angenehmen Tätigkeiten besonders erschöpfend und sie benötigen intensivere Regenerationsphasen nach einem solchen Arbeitstag, um am nächsten Tag wieder leistungsfähig zu sein.  

Die Autoren der Studie zeigen jedoch auch Wege auf, wie eine zu starke Erschöpfung an Tagen, an denen hohe Selbstkontrolle gefordert ist, minimiert werden kann: Arbeitsabläufe und -routinen können so organisiert werden, dass sie generell weniger Stress verursachen und unangenehme Aufgaben nicht unterbrochen werden müssen. Wichtig seien darüber hinaus klare Zuständigkeiten und weniger Zeitdruck. Ausserdem können sportliche Aktivitäten, eine höhere Achtsamkeit und guter Schlaf die emotionale Erschöpfung reduzieren.

 

 

Kinder mögen den Schulweg, denn dort sind sie frei wie nirgendwo sonst

Medien Abteilung Kommunikation Schweizerischer Nationalfonds SNF

Auf dem Weg von der Schule nach Hause können Kinder Zeit mit ihren Freundinnen und Freunden verbringen, ohne überwacht zu werden. Gemäss eigenen Aussagen lernen sie dabei viel und können auch den Alltag loslassen.

Eltern, die ihre Kinder nicht zur Schule begleiten, sind manchmal besorgt, dass auf dem Weg dorthin etwas passieren könnte. Die Kinder sehen dies jedoch ganz anders: Sie erleben den Schulweg als einen Schritt in die Selbständigkeit. Ausserdem ermöglicht er ihnen die Sozialisierung und trägt zu ihrem Wohlbefinden bei. Dies geht aus einer vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützten interdisziplinären Studie hervor, in der die Kinder für einmal selber zu Wort kommen.

«Der Schulweg ist mehr als ein Standortwechsel von A nach B», erklärt Zoe Moody, Professorin an der Pädagogischen Hochschule Wallis und Forscherin an der Universität Genf. Er biete Kindern, die zu Fuss, mit dem Velo oder mit dem Trottinett unterwegs sind, nicht nur die Gelegenheit, sich an der frischen Luft zu bewegen. Sie könnten dabei auch ohne Eltern oder Lehrpersonen mit anderen Kindern zusammen sein. Der Weg sei ein Raum für informelles Lernen, Kreativität und Interaktionen mit der Umwelt. «In dieser Zeit können die Kinder Konflikte austragen und sich Geheimnisse anvertrauen. Sie entwickeln gemeinsame Routinen und fordern sich gegenseitig heraus. Sie werden selbstständig, indem sie ihren eigenen Weg und ihr eigenes Tempo bestimmen können, denn ihre einzige Vorgabe ist, pünktlich im Schulzimmer zu erscheinen. Manchmal brechen sie sogar gewisse Regeln, indem sie zum Beispiel über Privatgrundstücke laufen. So lernen sie auf dem Schulweg, Teil der Gesellschaft zu werden, und zwar eigenständiger als auf dem Pausenplatz, wo es eine Aufsicht durch Erwachsene gibt», ist die Forscherin überzeugt.

Einer der letzten Freiräume

Aus all diesen Gründen kann es für Kinder sehr sinnvoll sein, wenn sie den Schulweg selber zurücklegen und sich unterwegs vielleicht sogar etwas mehr Zeit nehmen dürfen. «Das ist wahrscheinlich einer der letzten Freiräume», sagt Moody. Ein Raum, in dem sie nicht mehr nur Kind und noch nicht ganz Schülerin oder Schüler sind – und umgekehrt.

Die Forscherin vergleicht die Freiheit, die Kinder auf dem Schulweg haben, mit der Zeit, die sich Erwachsene manchmal in einem Café nach der Arbeit und vor der Rückkehr nach Hause gönnen. «Das ist das Konzept des Dritten Ortes, das 1989 vom Soziologen Ray Oldenburg entwickelt wurde», erklärt sie. Ein Ort, an dem man sich wohlfühlt, sich entspannt und mit anderen Menschen zusammenkommt. Auch Bars, Bibliotheken, Sporthallen oder Parks erfüllen diese Funktion.

Die Kinder erzählen

Die Studie zum Schulweg wurde mit 71 Kindern im Alter von 8 bis 12 Jahren durchgeführt, die ohne Begleitung von Erwachsenen zur Schule gehen. Die Kinder leben in Städten, Agglomerationen, auf dem Land und in Bergregionen der Kantone Graubünden, Tessin und Wallis, womit verschiedene Kontexte und Erfahrungen auf dem Schulweg analysiert werden konnten. 

Die Forschenden setzten mehrere partizipative Methoden ein. Zuerst führten sie jeweils Interviews mit den Schulleitungen und verteilten Fragebögen an die Eltern der Kinder, um mehr über den Kontext der einzelnen Fallstudien in Erfahrung zu bringen. Anschliessend zeichneten die Kinder ihren Schulweg für die Forschenden, die sie danach auf diesem Weg begleiteten und befragten. Schliesslich baten die Forschenden die Kinder, ganz unterschiedliche Bilder von Schulwegen bestimmten Kategorien zuzuordnen. So konnten sie herausfinden, welche Elemente die Kinder am stärksten mit Wohlbefinden verknüpfen.

Dies ist denn auch das Besondere an dieser Studie: Sie lässt Kinder, die Schulwege eigenständig zurücklegen, selber zu Wort kommen. «Bisher wurde der Schulweg hauptsächlich aus der Perspektive von Erwachsenen oder für Studien zur Verkehrssicherheit untersucht», erklärt Moody.

 

 

Negative Nachrichten erhalten mehr Klicks

Lisa Dittrich Presse, Kommunikation und Marketing Justus-Liebig-Universität Giessen

Die bekannte Redewendung „schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten“ spiegelt die nicht nur in Journalistenkreisen weit verbreitete Intuition wider, dass sich mit negativen Nachrichten mehr Zeitungen verkaufen und in den Online-Medien bessere Einnahmen erzielen lassen als mit positiven Nachrichten. Der tatsächliche Zusammenhang von Negativität und Nachrichtenkonsum ist jedoch bislang weitgehend unklar. Ein internationales Wissenschaftlerteam mit den beiden Erstautoren Prof. Dr. Nicolas Pröllochs von der Justus-Liebig-Universität Giessen (JLU) und Claire E. Robertson von der New York University (NYU) haben in einer aktuellen Studie den Einfluss von negativen Formulierungen auf die Klickraten von Online-Nachrichten kausal untersucht. Weitere an der Studie beteiligte Wissenschaftler sind Kaoru Schwarzenegger (ETH Zürich) Dr. Philip Pärnamets (Karolinska Institute), Prof. Jay J. Van Bavel (NYU) und Prof. Stefan Feuerriegel (LMU München).
Um den Einfluss von negativer Sprache auf den Nachrichtenkonsum im Internet zu untersuchen, analysierte das Forscherteam einen einzigartigen Nachrichtendatensatz der einflussreichen US-Nachrichtenwebsite Upworthy.com. Für jeden veröffentlichten Artikel testete Upworthy.com in randomisierten Kontrollstudien mehrere Formulierungsvarianten für die Überschrift und zeichnete die zugehörigen Klickraten auf. Der untersuchte Datensatz bestand aus mehr als 105.000 unterschiedlichen Nachrichtenüberschriften, die mehr als 370 Millionen Internetnutzerinnen und -nutzer erreicht haben. Anhand dieser Daten konnte das Autorenteam die kausale Wirkung von negativen und positiven Worten auf die Klickraten von Nachrichtenüberschriften empirisch untersuchen.

„Unsere aktuelle Studie liefert kausale Evidenz, dass negative Worte in Nachrichtenüberschriften zu höheren Klickraten führten bzw. dass positive Worte die Klickrate verringerten“, sagt Erstautor Prof. Pröllochs, der am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der JLU die Professur für Data Science & Digitalisierung innehat. Die Zahlen sprechen dabei eine deutliche Sprache: „Bei einer durchschnittlichen Nachrichtenüberschrift erhöhte jedes zusätzliche negative Wort die Klickrate um 2,3 Prozent“, so der Experte. Dies impliziere, dass die Nutzung einer negativeren Formulierung in der Überschrift die Klickrate für ein und dieselbe Nachricht signifikant erhöhte. 

Die Ergebnisse der Studie tragen auch dazu bei, besser zu verstehen, warum Nutzerinnen und Nutzer Nachrichten im Internet konsumieren. Ein differenziertes Verständnis der zugrundeliegenden Verhaltensmuster ist insbesondere in einer Zeit wichtig, in der sich Falschinformationen, Fake News und Verschwörungstheorien zunehmend im Internet ausbreiten. Auf der einen Seite profitieren Verlage und Nachrichten-Websites von Negativität in Form erhöhter Klickraten – und generieren damit höhere Einnahmen. Auf der anderen Seite ist es denkbar, dass Menschen sich – vielleicht unbeabsichtigt – selektiv diesen negativen Nachrichten aussetzen. Die aktuelle Studie ist aus Sicht des Forscherteams daher ein wichtiger Schritt, um die Medienkompetenz von Nutzerinnern und Nutzern zu verbessern sowie transparentere Medienpraktiken zu entwickeln.

 

 

Negative Vokabeln sorgen für hohe Klickzahlen

LMU Stabsstelle Kommunikation und Presse Ludwig-Maximilians-Universität München

Negative Schlagzeilen steigern auch heute den Konsum von Online-News
• Das zeigen LMU-Forschende in Zusammenarbeit mit internationalen Teams auf Basis der Materialanalyse der Medienplattform Upworthy
• Wörter wie „wrong“, „bad“ und „awful“ sowie Ausdrücke von Traurigkeit führen zu hohen Klickzahlen

„If it bleeds, it leads“: Schlagzeilen mit viel Blut sind gut für die Auflage. Der Satz spitzt eine alte Zeitungsmacherregel vom „Aufreger“ zu, der die Auflage steigert. Forschende der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) sowie aus New York, Zürich, Stockholm und Gießen sind nun der Frage wissenschaftlich nachgegangen: Steigert es die Klickzahlen, wenn Schlagzeilen gespickt sind mit negativen Vokabeln, gleichsam mit Aufregung angefüttert? Ihre Antwort ist rundheraus: Ja.

Zu diesem Ergebnis kommen die Forschenden auf Basis von Datensätzen des Portals Upworthy.com, zeitweise der am schnellsten wachsenden Medienseite. „Eine kleine Ironie“, sagt Stefan Feuerriegel, Direktor des Institute of AI in Management an der LMU. „Denn Upworthy hat zum Ziel, vor allem positive Nachrichten zu verbreiten.“

Emotionale Titel wirken sich auf die Klickzahlen gut aus

Für ihre datenwissenschaftliche Auswertung konnten die Forschenden auf einen einzigartigen Datenschatz zurückgreifen: Über Jahre hatte die Plattform in großem Stil mit ihren Headlines experimentiert und jeweils verschiedene Varianten über ihre Texte getestet. 

Die Klickraten variierten zwischen null und knapp 15 Prozent (Klicks gemessen an der Zahl der Impressions). Im Schnitt konnte schon ein einziges negatives Buzzword die Klickrate deutlich steigern, von etwa 1,4 auf 2,3 Prozent. Dabei ging es um eher harmlose Vokabeln wie „wrong“, „bad“ oder „awful“. „Positive“ Wörter wie „love“, „pretty“ und „beautiful“ animierten die Leser weniger. Längere Titelzeilen – mit potenziell mehreren Negativ-Vokabeln – steigerten die Klickraten. Sprachen die Titelzeilen Emotionen an, ließen sich ebenfalls Effekte verzeichnen: Traurigkeit war gut für Klicks, Freude weniger; Wut dagegen lieferte erstaunlicherweise uneindeutige Ergebnisse. 

Je nach Themenfeld war der Effekt von Negativ-Vokabeln unterschiedlich groß. Am stärksten war er für Nachrichten aus den Bereichen Politik und Wirtschaft, aber auch in den für Upworthy typischen Themenfeldern „Leute“, „Erziehung und Schule“ und „LGBT“ war er deutlich sichtbar, weniger dagegen bei „Unterhaltung“ und „Frauenrechte und Feminismus“. „Das Besondere an unserer Untersuchung ist aber auch, dass wir damit den privaten Konsum sehen, welche Geschichten die Leser also aus reinem Interesse anklicken“, so Stefan Feuerriegel.

 

 

 

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